Wie bereits im Artikel zu den Erkenntnissen bezüglich Covid-19 und Vitamin D beschrieben, ist das “Sonnenhormon” nicht nur für das Immunsystem wichtig, sondern auch für eine Reihe von anderen Prozessen im Organismus.

Vitamin D - das Sonnenhormon

Bildung von Vitamin D

Bei ausreichender Sonneneinstrahlung – in unseren Breitengraden von März/April bis September – ist der Körper in der Lage, die erste Stufe dieses Vitamins bzw. Hormons, das Vitamin D3 oder Cholecalciferol, selbst in der Haut zu bilden. Das funktioniert allerdings nur, wenn die dafür nötigen UV-B-Strahlen nicht durch Sonnenschutzmittel abgehalten werden. Am stärksten ist die Fähigkeit zur Bildung in den Hautzellen des Rückens ausgeprägt.

Das Vitamin D3, das in der Haut gebildet oder von außen zugeführt wurde, wird in einer zweiten Stufe in der Leber hydroxiliert und so zu Calcidiol (25-OH-D). Das ist der Wert, der auch im Labor gemessen wird. In einer dritten Stufe wird Calcidiol in der Niere, aber auch von anderen Zellen, in das aktive Hormon Calcitriol (1,25-OH-D) umgewandelt.

 

Eine wichtige Funktion in der Epigenetik

Spannende Ergebnisse zur Funktion des Sonnenhormons gibt es aus Forschungen zur Epigenetik. In nahezu jeder Art von Zellen gibt es Rezeptoren für Calcitriol.

Zellen mit Vitamin-D-Rezeptor:

    • Knochen
    • Organe, z. B. Niere, Leber, Nebenschilddrüse, Herz, Magen
    • zentrales Nervensystem
    • Haut
    • Beta-Zellen des Pankreas
    • Thymus
    • Innere Blasenwand
    • Nebennierenmark
    • Schweißdrüsen
    • Sexualdrüsen
    • Immunzellen

Der Vitamin-D-Rezeptor wird durch Calcitriol aktiviert. Er ist ein so genannter Transkriptionsfaktor und kann, wenn er aktiviert ist, in den Zellkern eintreten. In der DNA gibt es eine Vielzahl von Genen – beim Menschen rund 23.000 -, die natürlich nicht alle die ganze Zeit abgelesen werden können. Um sie lesbar zu machen, also an- und auch wieder abzuschalten, braucht es die Transkriptionsfaktoren. Die Gene können miteinander kombiniert werden, ähnlich wie die Tasten auf einem Klavier. Der Vitamin-D-Rezeptorkomplex ist einer der wichtigsten Faktoren hierfür. Eine ausführliche Darstellung dazu findet sich im Vortrag von Dr. Dirk Lemke:

 

Vorbeugung und Hilfe bei verschiedensten Erkrankungen

Eine wesentliche Rolle spielt Vitamin D bei Autoimmunerkrankungen wie Multiple Sklerose, Hashimoto-Thyreoditis oder Rheuma. Studien haben gezeigt, dass bei rund 25 % aller Menschen eine Vitamin-D-Resistenz vorliegt, dass heißt, der Vitamin-D-Rezeptor in den Zellen reagiert nicht auf einen normalen Spiegel von Vitamin D. Das führt dazu, dass er seine Aufgaben nicht adäquat erfüllen kann. Abhilfe schaffen kann hier eine Hochdosis-Therapie, wie sie im so genannten Coimbra-Protokoll angewandt wird.

Bei Diabetes mellitus, der Zuckerkrankheit, haben Studien gezeigt, dass ein Vitamin-D-Mangel zu einer Unempfindlichkeit der Körperzellen gegenüber Insulin führt, die Zufuhr des Vitamins hingegen den Blutzucker senkt und den Insulinbedarf reduziert. Das war sowohl bei Typ-1- als auch Typ-2-Diabetikern der Fall. Eine ausreichende Versorgung kann hier auch vorbeugend wirken.

Das Sonnenhormon hat darüber hinaus einen wesentlichen Einfluss auf die Haut. Es steuert u. a. die Bildung von Stoffen zur Aufrechterhaltung der Hautbarriere, begünstigt die Heilung von Wunden und hält die Mikroflora der Haut aufrecht. Hautkrankheiten, bei denen es erfolgreich zur Behandlung eingesetzt wurde, sind u. a.:

  • Akne
  • Schuppenflechte (Psoriasis)
  • Neurodermitis
  • Weißfleckenkrankheit (Vitiligo)
  • Lupus erythemadotes

Weitere Krankheiten, bei denen es positive Wirkungen entfaltet, sind Knochenerkrankungen (Osteoporose), kardiovaskuläre Erkrankungen, neurodegenerative Krankheiten wie Alzheimer oder Parkinson, psychische Probleme, z. B. Depressionen, aber auch Krebskrerkrankungen. Eine gute Übersicht findet sich hier.

Da wir Vitamin D nur zu maximal 5 % über die Nahrung aufnehmen, ist zumindest von Oktober bis März/April eine Substitution in Form von Tropfen, Kapseln oder Tabletten sinnvoll. Vorher sollte aber, wie bereits im ersten Artikel erwähnt, der Spiegel im Blut bestimmt werden. Im Sommer sollte man eine eventuelle Substition davon abhängig machen, ob man Sonnenschutzmittel verwendet, die UV-B-Strahlung ausfiltern, und ob man zumindest phasenweise ohne Schutz in die Sonne geht.